Informatik


Als Beitrag zur Informatik-Seite dieser Website hier ein Text, den die Fachschaft zur Festschrift „50 Jahre MCG“ beitrug und in dem auf originelle Art und Weise die Geschichte des Fachs Informatik an unserem Haus geschildert wird:

Es war einer dieser nebligen Tage. Sherlock rührte nervös in seinem Tee und lechzte nach neuen Aufträgen: „Watson, sind keine Mails mit interessanten Fällen eingetroffen?“ Ich wusste, dass er bei zu langer Zeit ohne geistige Herausforderung unleidlich wurde. „Nein, wir haben nur eine Anfrage, ob wir über die Geschichte des Informatikunterrichts an einer Schule recherchieren können.“ „Sonst nichts?“ „Nein.“ „Na, dann los, vielleicht kommt bis zum Mittagessen noch etwas Interessantes rein und so kommen wir wenigstens zu Bewegung.“ Wir nahmen die Straßenbahn 703 und trafen wenig später am Marie-Curie-Gymnasium ein. Ein hemdsärmeliger Lehrer begrüßte uns und bedankte sich wortreich für unser Kommen. „Ich bin erst kürzlich an diese Schule gewechselt und soll nun zum fünfzigjährigen Jubiläum einen Bericht über den Informatikunterricht schreiben. Die Pioniere des Informatikunterrichts wollen oder können mir nicht helfen. Ich konnte nur herausfinden, dass Herr Eichhorst 1978 mit einem Sharp angefangen hat. Er sagte mir, dass der Speicher 48 kB groß war und, wenn die Programmiersprache BASIC geladen war, bereits zur Hälfte belegt war. Später soll es C64, Apple II europlus und Nixdorf-PC gegeben haben. Aber schauen Sie selbst.“ Er öffnete mit einer großen Geste die Tür zum PC-Raum. Wir betraten den großen weiß gestrichenen Raum. „Die PC sind zwar vier Jahre alt, was für Computer schon relativ alt ist, aber was war davor?“ Sherlock ließ seinen Blick beiläufig über den Raum, die Computer und das Desktop eines eingeschalteten Rechners schweifen: „Ist das der einzige Raum mit Computern?“ Der Lehrer führte uns weiter durch die Schule, schloss kleine und winzige Räume auf, entschärfte Alarmanlagen und ließ uns alle digitalen Medien und sogar das Lager sehen. Am Ende der Führung bot er uns im Lehrerzimmer einen Kaffee an. Glücklicherweise konnten wir stattdessen einen Ceylon-Tee trinken, sonst wäre Sherlocks Laune sicherlich auf dem Nullpunkt angekommen. Wir setzten uns in ein kleines Besprechungszimmer und Sherlock wollte offensichtlich diese lästige Episode zum Ende bringen. Leider erschien auf seinem Gesicht ein überhebliches Grinsen und er fragte:“ Nun, Watson, dies scheint doch ein eher leicht gelagerter Fall. Also genau das Richtige für Sie. Was haben Sie bemerkt?“ Ich dachte nochmals über all die Räume und Computer nach und wollte ihm nicht die Genugtuung geben, mich zu blamieren: „Zunächst kann ich sagen, dass die Schule gut sortiert ist. In jedem Klassenraum kann man auf einen Computer auf einem Rollwagen mit Beamer und Internetanschluss zurückgreifen. Der Computerraum ist vor etwa zwei oder drei Jahren renoviert worden und die Software lässt auf eine vielfältige Nutzung im Bereich von Bild- und Videobearbeitung schließen, vielleicht im Kunstunterricht. Die meisten Programme gehören aber zur Mathematik, Informatik und Physik. Also hatten die meisten Informatik unterrichtenden Lehrer auch die Fächer Mathematik und Physik.“ Sherlock seufzte tief: „Watson, das trifft wohl auf die meisten Schulen zu, denn wie wir alle wissen, ist der Begriff ´Informatik´ der Zusammenschluss aus Information und Mathematik. Haben Sie noch etwas Besonderes entdeckt, die Alarmanlagen zum Beispiel.“ „Die Schule scheint auf Sicherheit bedacht zu sein.“ „Sicherlich, da der Computerraum wohl vor der In-stallation der Alarmanlage ausgeräumt worden ist.“ „Woher wollen Sie das wissen?“ schaltete sich der Lehrer in unser Gespräch ein. „Die Reparaturen an der Eingangstür konnten den Einbruchsversuch nicht verbergen. Außerdem stand es damals in der Zeitung. Und Watson, haben Sie bemerkt, dass der Computerraum früher zwei Räume war?“ Nun sah ich meine Chance gekommen: „Die zwei Türen sind kein stichhaltiges Indiz.“ „Zwei Türen reichen nicht aus, aber die Lücken in den Fußleisten, Spuren einer Tafel an der Rückwand, eine durchtrennte Fensterbank mit Rückständen zeigen nicht nur, dass es früher zwei Räume waren, sondern auch, wo die Wand verlaufen ist. Auch waren die Befestigungen der alten Tische am Boden ein sicheres Zeichen, dass nur in einer Hälfte Computertische standen. Da die Grenze zwischen den beiden Räumen genau zwischen zwei Fenstern verlief und nur Platz für wenige Zentimeter bietet, kann die Wand nur dünn gewesen sein. Vielleicht mit einem Teppich zur Dämmung verstärkt. Diese Lösung sieht danach aus, dass der Raum vor der Zweiteilung zusammenhing und anderweitig genutzt wurde. Zu einem Mädchengymnasium würde ein Hauswirtschaftsraum oder ein Raum für Texilgestaltung passen. Ein übertapezierter Fliesenspiegel deutet auf ersteres. Diese Räume wären im Rahmen der Koedukation überflüssig geworden und könnten saniert und später aufgeteilt worden sein. Die beiden Hälften sind jedoch als Klassenräume klein und die Wand dünn, so dass sie wohl als Kursräume genutzt wurden. Die helle Wand der Turnhalle im Norden reflektiert in diesen Raum so viel Licht, dass eine Jalousie sinnvoll wäre. Da sie fehlt, wird die Turnhalle entstanden sein, nachdem der Kursraum regelmäßig genutzt wurde, und die alte Halle war sicherlich deutlich kleiner. Watson, was halten Sie denn vom neuen Vorzeigeobjekt im aktuellen Informatikunterricht?“ „Ich weiß nicht, was Sie meinen.“ „Die Roboter, Watson. Im Computerraum stand ein Brett mit der Größe 0,9m x 1,8 m mit einer schwarzen Linie, das auf das Folge-der-Linie-Spiel für Roboter hinweist. Der Schrank hatte einen Stromanschluss zum Laden der Akkus und im Regal lag ein überdimensionaler Scheck, der auf den Gewinn bei einem Wettbewerb hinweist.“ „Sehr richtig“, ergänzte der Lehrer, „ zwei dritte Plätze und einen ersten Platz haben wir beim rockin´-robots-Wettbewerb in den letzten beiden Jahren in Düsseldorf gewonnen. Ich freue mich, dass wir diesen Schub nach vorne gemacht haben. In der Vergangenheit ist ja nicht viel gelaufen.“ „Das stimmt so nicht. Die Schule muss wenigstens um die Jahrtausendwende eine große Finanzspritze erhalten haben. Auf einem Ordner im Lehrerzimmer ist das Bild eines überdimensionalen Computerwagens mit Beamer, vier Laptops, Drucker und W-LAN zu erkennen. Die Kurzlebigkeit der Hardware zeigt, dass es etwa um das Jahr 2000 angeschafft worden ist. Im Ordner sind allerdings vier Geräte zu reservieren. Da Sie uns sechs mobile Computereinheiten gezeigt haben, war dies vor der Errichtung des Neubaus und stellte damals eine gewaltige Finanzspritze wahrscheinlich im Rahmen eines Pilotprojektes dar. Die Kupferverkabelung jedes Klassenraums und der zu kurze Serverschrank sind auf ein ähnliches Jahr datiert und gehörten wohl auch zu diesem Projekt. Wann gab es denn den Vandalismus?“ Der Lehrer schaute irritiert. „Nun, dann war es wohl vor Ihrer Zeit. Der Ordner wurde mit Graffiti besprüht. Es ist jedoch nur eine kleine Menge und gehört nicht zu einem sinnvollen Schriftzeichen. Dieser Ordner war nur für die Lehrer wichtig und im Lehrerzimmer stationiert. Schüler haben kein Interesse an diesem Ordner. Daraus kann man schließen, dass jemand eine ´Lehrerzimmerverschönerung´ durchgeführt hat. Da die Schule einen gepflegten Eindruck macht, wird die Tat von einem Einzeltäter begangen worden sein und kann der Schule nicht angelastet werden.“ „Beeindruckend, können Sie mir denn vielleicht sagen, wie der Computerraum vorher aussah?“, schaltete sich der Lehrer in Sherlocks Monolog ein. „Zunächst sollte Ihnen aufgefallen sein, dass die Löcher im Boden des PC-Raums zu den Tischen in den Nebenräumen passt. Diese Tische verfügen über Kabelkanäle, die eindeutig für Desktop-Rechnern angeschafft wurden. Aus der Anzahl der Löcher und Tische kann man von einer Rechneranzahl von zehn bis vierzehn Rechnern ausgehen. Die Überbleibsel im Lager weisen auf 386er hin, die nach den Apple II europlus eingesetzt wurden. Die Geräte haben fast den ganzen Platz auf dem Tisch eingenommen. Später wurden Löcher in die Kabelkanäle gebohrt, um Tower unter den Tischen zu verbinden. Die Metallwinkel sollten das Umkippen und eine Beschädigung der Festplatte verhindern. Die Bohrung wirkt jedoch laienhaft und wird in Eigenregie erledigt worden sein. Die Nixdorfrechner wurden sicherlich nicht vom Schulträger angeschafft und waren wahrscheinlich eine Spende einer Firma. Ich hörte, dass diese Geräte mehr Kilowatt als Kilobyte hatten und eine wunderbare Heizung abgaben, wenn einen der Lärm nicht störte. Dies muss im Nebenraum des Computerraums gewesen sein. Schulträger sehen es nicht gerne, wenn man mit solchen Eigeninitiativen größere Räume blockiert. Der stillgelegte ISDN-Anschluss und das Alter der Stromversorgung sind wohl später entstanden.“ „Können Sie mir auch sagen, was im Informatikunterricht Inhalt war?“ „Wahrscheinlich war es das Übliche. Mit BASIC und Pascal ging es los. Ich habe ein LOGO-Buch, fischertechnik-Modelle und Bücher zum Steuern und Regeln gesehen. Der Modellrechner weist daraufhin, dass mindestens ein Lehrer in einer Fortbildung diesen DINO produziert hat. Für Schüler ist die Arbeit zu genau und zu langwierig. Die heutigen Computer haben NIKI (Pascal), Python, LEJOS (Java), Winlogo, LOCAD, JavaScript-Editoren und Simulatoren. Also sind das die aktuellen Inhalte. Ich denke, wir haben Ihnen nun genug Material für Ihren Bericht geliefert.“

CH