Unterwegs

BERICHT DES BARCELONA-AUSTAUSCHES 2017/18

Unpünktlich, unorganisiert und das Leben in den Abend verlegend. Das sind die typischen Klischees über Spanier und auch die Klischees, mit denen im Hinterkopf wir uns am 12. Dezember in Richtung Barcelona aufmachten. Als wir am späten Nachmittag am Flughafen eintrafen, erwartete uns bereits ein katalonisches Empfangskomitee bestehend aus unseren Austauschschülern.

Der erste Abend verlief für jeden anders, aber die meisten lebten sich schnell ein und die Familien waren sehr bemüht, uns willkommen zu heißen. Trotzdem blieb einigen der Kulturschock nicht erspart. Selbst die Nachteulen unter uns zwang das enorm späte Abendessen (bzw. Nachtmahl) in die Knie. Dafür fiel es aber umso großzügiger und leckerer aus. Besonders das Baguette mit zerriebenen Tomaten, eine katalanische Spezialität, hatte es vielen von uns angetan.

Ein Highlight unseres Aufenthaltes war natürlich die Sagrada Familia von Antoni Gaudí, die wir am ersten Tag besuchten. Die Kathedrale beeindruckte vor allem durch ihre architektonischen Details innen sowie außen und ihrer Anlehnung an die Natur. Sie ist noch immer im Bau und soll innerhalb der nächsten Jahre fertiggestellt werden. Ein weiteres von Gaudís Meisterwerken ist die Casa Milà (oder auch La Pedrera genannt), die wir im Anschluss besichtigten. Wohingegen dieses Gebäude in der Vergangenheit vielen Einwohnern ein Dorn im Auge war, sind heute alle von seiner Innovation und Einmaligkeit begeistert. Speziell von der Dachterrasse ließ sich ein traumhafter Ausblick über Barcelona und seiner Wahrzeichen genießen. Im Laufe des Nachmittags zeigte uns Paul Henderson, das spanische Pendant zu Herrn Hinz und Herrn Ammendolea, das gotische Viertel. Wir schlenderten über einen antiquierten Lebensmittelmarkt, auf dem man alles von Ochsenzungen über frisches Obst und Gemüse bis hin zu Pralinen erstehen konnte. Die Häuser des Viertels erinnerten an das Mittelalter. Abends ließen wir dann den Tag mit einer großen Gruppe beim Churros-Essen zusammen ausklingen.

Den nächsten Vormittag verbrachten wir in der Schule. Das Schulsystem von Súnion unterscheidet sich enorm von unserem und soll einzigartig auf der Welt sein. So ist beispielsweise der Stundenplan nicht fix, sondern wird jeden Abend für den nächsten Tag neu erstellt. Die Schüler informieren sich über eine App über die Unterrichte, die sie am nächsten Tag haben. Allgemein erweckte alles einen sehr modernen und gepflegten Eindruck, der von den schönen Pausenterrassen noch unterstrichen wurde. Nach der Mittagspause, in der wir uns alle spanischer Köstlichkeiten von unseren Gastfamilien erfreuen durften und viel Spaß mit unseren Austauschschülern hatten, begaben wir uns in Richtung Parc Güell. Auch hier tauchte der Fingerabdruck Gaudís wieder auf und einige Straßenmusiker komplettierten das idyllische Gesamtbild. Später ging der Großteil von uns noch in die Innenstadt und über Las Ramblas, um einige Souvenirs oder Weihnachtsgeschenke zu besorgen.

Der nächste Ausflug führte uns in die Hochburg der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung: Girona. Gemeinsam mit den Spaniern erkundeten wir die Stadt, in der an manchen Orten Szenen für Game of Thrones gedreht wurden und deren alte Festung ein wenig an Herr der Ringe erinnerte. Überall fielen die demonstrativ aufgehängten, gelben Unabhängigkeitswimpel auf. Unsere Austauschschüler, größtenteils selbst ziemlich katalanisch-patriotisch angehaucht, versuchten, uns von ihren Ansichten zu überzeugen. Das führte nicht selten zu einer sehr angeregten Diskussion. Gegen Abend und wieder zurück in Barcelona schlossen sich einige zusammen, um Tapas essen zu gehen, während andere - auch durch den anderen Lebensrhythmus bedingt - todmüde ins Bett fielen.

Das Wochenende gestaltete sich für jeden individuell. Mittlerweile hatte man fast schon das Gefühl, man kenne die Spanier weitaus länger als ein paar Tage und in den Gastfamilien fühlte man sich schon ein bisschen zuhause. Auch das ständige Zuspätkommen und der chaotische Verkehr überraschten uns nicht mehr allzu sehr. Viele waren mit oder ohne Familie am Strand oder im Zentrum unterwegs und abends trafen sich alle bei den ehemaligen Bunkern, die auf einem Hügel liegen. Dort entstanden zahlreiche Erinnerungsfotos, während allmählich die Sonne unterging. Der Anblick der vielen Lichter der Stadt im Dunkeln hat sich auf jeden Fall besonders gelohnt.

Am Sonntag, dem letzten Tag vor unserer Abreise, erhielten einige die Gelegenheit, nach Montserrat zu fahren. Der Berg lag etwa eine vierzigminütige Autofahrt von Barcelona entfernt. Vor allem ist er für ein katalonisches Kloster bekannt, welches wir uns auch kurz angesehen haben. Viel spannender war allerdings das tolle Panorama vom Gipfel aus, auf den wir gestiegen sind. Sogar die Pyrenäen waren erkennbar. Der krönende Abschluss der Woche war schließlich der gemeinsame Nachmittag im Ferienhaus einer der Gastfamilien, die uns dahin eingeladen hatten. Es befand sich ebenfalls im Gebirge. Es gab ein ausschweifendes Buffet, zu dem jeder etwas beitrug. Gegessen wurde dank des schönen Wetters draußen und an einer langen, geselligen Tafel. Wir hatten viel Spaß und verstanden uns auch (inklusive Händen und Füßen) super mit den sehr herzlichen Eltern.

Selbst wenn der Abschied den meisten am nächsten Morgen nicht leicht fiel, freuen wir uns nun sehr auf das kommende Wiedersehen in Düsseldorf, wenn die Barcelonesen uns besuchen werden.

Alles in allem war der Austausch für uns eine Woche voller neuer erfreulicher und herausfordernder Erfahrungen.